Buchbesprechung:
"Tot bist du noch lange nicht, sag mir erst wie alt du bist."
von Klaus Märkert & Myk Jung
Ein zweites Mal haben sich Klaus Märkert und Myk Jung zusammengetan und mit "Tot bist du noch lange nicht, sag mir erst wie alt du bist." eine gemeinsame Sammlung an kurzweiligen Geschichten erstellt. Zusammen haben die beiden auch die Lesereihe "Schementhemen" auf die Beine gestellt. Beide sind vor allem in der Schwarzen Szene keine Neulinge mehr. Myk Jung ist nicht nur Autor, sondern auch Sänger der Bands The Fair Sex, Testify, Nice Gods Bleed und Schuldt. Klaus Märkert war Mitbegründer der Dark-Wave-Diskothek "Zwischenfall" in Bochum und veröffentlichte schon einige Romane und viele Kurzgeschichten.
Doch kommen wir nun zum jüngsten Werk, welches erneut via Edition Outbird der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. "Tot bist du noch lange nicht..." ist eine besonders abwechslungsreiche Geschichten-Sammlung, die insgesamt 23 Stories beinhaltet. Eine Sache liegt den beiden Autoren: der Schwarze Humor, passend zu ihren Schwarzen Seelen. Doch vereint dieser Punkt die beiden auf eine Art und Weise, wird während der ersten Erzählungen schnell deutlich, wie unterschiedlich die beiden diesen Schwarzen Humor aufarbeiten. Manche Geschichten sind eher sachlich und nüchtern dargelegt, andere wiederum in total phantastischen Welten angesiedelt. Plötzlich wird es wirklich emotional und auf den nächsten Schlag taucht man mit einem der beiden in eine völlig skurrile neue Welt ab. Für das tolle Cover-Artwork ist Benjamin Schmidt verantwortlich.
Auf ein paar der Geschichten möchte ich dabei kurz eingehen:
"Unruhe im Kühlschrank" von Myk Jung ist wohl eine der skurrilsten Geschichten der Sammlung. Hier werden die Kühlschrankbewohner lebendig und es ist wahrlich ein Vergnügen der Sonderklasse den Gesprächen zu lauschen und wenn man den Film "Sausage Party" für gut befunden hat, wird man hier sicherlich auch seine Freude haben und vielleicht sogar das nächste Mal genauer hinschauen und überlegen, ob man manche Lebensmittel im Kühlschrank einfach so vor sich hingammeln lässt. Denn man mag ja gar nicht glauben, was sich der vergammelte Weichkäse Geronimo in der obersten Etage denkt und wie sich der kleine Joghurt Kurt ganz unten fühlt, der einfach aufgerissen wieder zurückgestellt wurde und auf dem sich zuerst nur ein kleiner Schimmelsporn bildete, der nach einer gefühlten Ewigkeit seinen eigenen Charakter entwickelt hat. Aus einer Schimmelflocke wurde ein Schimmelteppich, getauft Karla Hari, der nun sein eigenes Leben zu führen beginnt... Herrlich skurril!
"Bis(s) ins Gras" von Klaus Märkert wird gleich mit Teil 1 und Teil 2 präsentiert. Erzählt wird hier die Geschichte des Vampirs Adebar, dem die große Ehre zugebracht wurde für zehn Jahre eine Vampir-Praktikantin auszubilden, denn sein Schöpfer Dracola, der 127., war sich sicher, dass es keinen besseren Lehrer als ihn geben würde. Und Edna, so hieß die Dame, sorgte für viel Irrungen und Wirrungen, denn schon vor Beginn der Ausbildung musste "der 127." zugeben, dass Edna anders ist als andere Vampirinnen, sie zählt zur bedauernswerten Gruppe, denn nach seinem Biss hat sie es nicht geschafft die Umwandlung von Mensch zu Vampir vollends zu bewältigen. Als das Praktikum schließlich begann musste Adebar erkennen, dass Edna eine wahre Schönheit ist und was das Ganze für ihn noch schlimmer machte: Er entdeckte von all seinen Verflossenen Liebschaften ein kleines bisschen in seiner neuen Praktikantin. Wie das nur weitergehen mag? Das will ich an dieser Stelle nicht verraten, aber Du erfährst es natürlich in den beiden Teilen dieser phantastischen (Love?)-Story!
"Der liebe Hein aus Preillhomm" von Myk Jung ist mitunter eine meiner Lieblingsgeschichten des Werks. Auf der einen Seite recht simpel gestrickt, geht die Story wahrlich unter die Haut und zeigt, dass es neben skurrilen, lustigen und abgefahrenen Texten auch mal emotional, traurig und tiefgreifend werden kann. Erzählt wird hier die kurze Geschichte von Hein aus Preillhomm - wie der Titel schon verraten mag – dem das Pech stets als treuer Begleiter an der Seite steht. So begann er tierisch zu stinken, wenn sich ein menschliches Wesen ihm näherte und den unsichtbaren Bannkreis von genau 8,5 Meter durchbrach. Aber es geht noch schlimmer: Sobald er das Haus verließ bildete sich über ihm eine Regenwolke, die ihn Schritt für Schritt verfolgte. Er wurde so oft von Blitzen aus dieser Wolke getroffen, dass er irgendwann nur noch stottern konnte. Bauern jedoch zogen ihren Vorteil aus seiner Misere: In langen Dürrephasen schickte man Hein gern mal über die trockenen Felder, damit er mit seiner Wolke für etwas Feuchtigkeit sorgen konnte... Sehr emotional und traurig!
Das sind nur ein paar Eindrücke von dieser herrlichen Sammlung bestehend aus 23 Geschichten, einem kurzen Vorwort und insgesamt knapp 160 Seiten voller abwechslungsreicher Unterhaltung. Mal gruselig, mal skurril, mal traurig, mal voller (schwarzen) Humor! Aber eins ist ihnen allen gemein: "Tot bist du och lange nicht, sag mir erst wie alt du bist." ist definitiv gelungen, denn die beiden Autoren beherrschen ihr Handwerk grandios!
(Text: Manuela Ausserhofer)
Comments